Die autokrate Bedrohung durch die AfD und was wirkliche Heimatliebe bedeutet
Vor 69 Jahren bin ich im schönen Benediktinerklosterort Metten im niederbayerischen Landkreis Deggendorf zur Welt gekommen und habe dort sehr glückliche Kindheits- und Jugendjahre erleben dürfen. Die Heimatliebe zu diesem Fleckchen Erde ist nach wie vor tief in mir verwurzelt, auch wenn ich in die Welt hinausgezogen bin und seit langem schon in Berlin lebe. Es ist wahre Heimatliebe die mich mit dieser Donaulandschaft und ihren Menschen verbindet. Um so schmerzhafter ist es für mich zu sehen, dass die AfD bei den letzten Bundestagswahlen im Landkreis Deggendorf 29,3% der Zweitstimme erhalten halt. Das besorgt und erzürnt mich zugleich, denn es ist der höchste Wert in ganz Westdeutschland. Das empfinde ich schlichtweg als Schande für Niederbayern! So ein Ergebnis hat dieses Fleckchen Erde, das ich so liebe und dessen Menschen ich so schätze, einfach nicht verdient. Zum Glück haben 70 Prozent der Wähler*innen sich nicht von der AfD verführen lassen
Doch trotzdem bedeutet dieses Wahlergebnis, dass fast jeder Dritte und jede Dritte im Landkreis Deggendorf sein Kreuz bei einer Partei gemacht hat, die keinerlei realistische und kompetente Lösungen zu bieten hat. Das gilt für die Probleme bei der Migration, der inneren und äußeren Sicherheit sowie bei den Steuern, der Wirtschaft sowie bei Inflation und Mobilität. Und das Hauptproblem der Menschheit, der Klimawandel und die damit verbundene vom Menschen gemachte Erderwärmung werden strikt dumm dreist geleugnet. Verantwortungslosigkeit ist ein prägendes Merkmal der AfD-Funktionäre. Dies gilt besonders für ihren martialisch-aggressiven Sprachgebrauch, wenn der politische Konkurrent zum "Gejagten wird" oder wenn mit Nazi-Rhetorik von der "Remigration" fabuliert wird. Es ist eine Sprache die voller Hass und Verachtung ist und in der Empathie und Mitmenschlichkeit keinen Platz haben. Verantwortungslos ist ebenso ihr Umgang mit deutscher Geschichte, sie wird einfach uminterpretiert. Alice Weidel macht aus Hitler einen Kommunisten, AfD-Gründungsmitglied Alexander Gauland verharmlost die NS-Zeit als "Vogelschiss der Geschichte" und die Erinnerungsarbeit bezüglich des Holocausts wird als "Schuldkomplex bzw. Schuldkultur" diffamiert. Doch wer sich seiner Herkunft nicht bewusst ist, kann auch keine Zukunft gestalten. Die AfD ist auf allen politischen Feldern ohne jegliche Kompetenz. Ihre angeblichen Lösungsvorschläge, die mit markigen Sprüchen angekündigt werden, halten keinem Realitäts-Check stand und sind auch nicht finanzierbar. Anstelle von Sachargumente setzten AfD-Politiker lieber auf eine rüde, aggressive und niveaulose Fäkalsprache, wie dies des öfteren schon im Bayerischen Landtag und jüngst im Brandenburger Landtag geschehen ist, als Ministerpräsident Dietmar Woike heftigst verbal beleidigt wurde. Geschmacklosigkeit und infame Bösartigkeit scheinen überhaupt zum Markenkern der AfD zu gehören. Dies zeigt auch der unsägliche Auftritt der bayerischen Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner bei einer Faschingsveranstaltung 2025 in Franken, wo sie als "Abschiebepilotin" verkleidet auch gleich "Abschiebeflugtickets" mitgebracht hatte.
Die AfD ist auch keine Partei, die die Interessen der "kleinen Leute" vertritt. Vielmehr wird die AfD Deutschland in den wirtschaftlichen und kulturellen Ruin treiben. Jeder wird ärmer werden, wenn diese Partei an die Macht kommt. Die AfD – liest man ihr Wahlprogramm – steht für geistige Einfalt und nicht für plurale Vielfalt. Als erstes würden die Kulturschaffenden und die Künstler massiv leiden und in ihrer Existenz bedroht werden. Budgets würden einfach gekürzt oder ganz gestrichen werden. Jedem gesellschaftskritischen Kunst- oder Kulturprojekt - sei es im Ausstellungs-, Film- oder im Theaterbereich – würde der Geldhahn abgedreht werden. Dies würde ebenso für die NS-Gedenkstätten gelten, die zu 50 Prozent von den Ländern finanziert werden. Die AfD ist eine Partei mit zutiefst völkischen Inhalten. Matthias Helferich, Mitglied der AfD-Bundestagsfraktion, behauptet von sich das "freundliche Gesicht des Nationalsozialismus" zu sein. Die AfD ist in erster Linie eine Partei des Hasses und der Fremdenfeindlichkeit, die gezielt Ressentiments schürt, vor allem gegen Ausländer, Migranten und queere Menschen. Sicher, mit dem Migrationsanstieg seit 2015 gehen viele Probleme einher. Das leugnet mittlerweile niemand mehr. Aber es müssen rechtsstaatliche und realistische Lösungen erarbeitet werden, um dieser komplexen Problemlage Herr zu werden. Das geht nur in Zusammenarbeit mit unseren europäischen Nachbarn und den Herkunftsländern. Die markigen Sprüche der AfD und deren Hetze helfen da keinen Millimeter weiter.
Die politische Führungsriege der AfD verachten zutiefst die offene und freie Gesellschaft, genauso wie es Wladimir Putin, Donald Trump und Elon Musk tun. Der "Staatsstreich von oben" der gerade in den USA geschieht und der Umbau der italienischen Gesellschaft unter der erzkonservativen Präsidentin Georgia Meloni sind Blaupausen für die AfD. Sollte die AfD je an die Macht kommen, dann kann keiner mehr nach seiner Fasson glücklich werden. Dann kann Keine und Keiner mehr leben wie und lieben wen er möchte. Der reaktionäre-autoritäre Staat ist die Wunschvorstellung und das Ziel der AfD. Die führende Köpfe der Partei um Alice Weidel, Tino Chrupalla, Bernd Baumann und Katrin Ebner-Steiner fühlen sich zu Autokraten wie Elon Musk, Donald Trump, Victor Orban und dem russischen Diktator Wladimir Putin stark hingezogen. Die AfD-Kontakte zum Kreml und zu China sprechen ja Bände und nicht umsonst sind AfD-Leute wie Maximilian Krah mit Spionage- und dubiosen Finanzierungs- und Spendenvorwürfen konfrontiert. Würde diese AfD-Dystopie jemals Realität werden, dann würde auch in Niederbayern jeder, der politisch eine andere Meinung hat und frei leben möchte, nichts mehr zu lachen haben. Und gerade deswegen ist es so verstörend, dass besonders viele junge Menschen diese Partei wählen und sie hip und cool finden. Die AfD ist nachweislich ein Tummelplatz für identitäre Rechtsextremisten und Nazis, wie Björn Höcke, der immer mehr an innerparteilicher Macht gewinnt und das Sagen hat.
Doch es scheint nicht zu stören, denn Zukunftsängste und die Sehnsucht nach Eindeutigkeit und einem "starken Führer" bestimmen das Fühlen und Denken der AfD-Wähler. Sicher gibt es nicht nur in der Parteiführung, sondern auch innerhalb der Wählerschaft der AfD einen harten rechtsextremen und nationalsozialistischen Kern, doch die überwiegende Merhheit sind Protestwähler, aber damit auch Verführte und Mitläufer. Leider haben am Höhenflug der AfD die Parteien der bürgerlichen Mitte sowie die Leitmedien auch ihren erheblichen Anteil. Bei den etablierten Parteien und besonders bei den Grünen ist zuviel Ideologie, Moralismus und Arroganz im Spiel und leider zu wenig politischer Pragmatismus. Das führte dazu, dass über viele Jahre hinweg Probleme, wie z.B. eine gelingende Integration bei Asylsuchenden, der schlechte Zustand des deutschen Bildungswesens oder die Mietpreisexplosion nicht ausreichend thematisiert und geschweige denn Lösungen dafür erarbeitet wurden. Statt sich diesen Problemen zu stellen gab und gibt es vorwiegend eine Rethorik des Moralisierens, des Schönredens und der Beschwichtigung von seiten vieler Politiker. Politische Marketingstrategie scheint wichtiger zu sein als politischen Anstand und Aufrichtigkeit. Politker verweisen meist automatenhaft auf irgendwelche angeblichen Erfolge und erbrachten Leistungen, wenn sie auf Probleme angesprochen werden. Und zugleich moderieren sie dann diese Probleme weg, statt selbstkritisch das eigene Handeln zu hinterfragen.
Viel Ablehnung und emotionale Hysterie erzeugten auch die Themen Political Correctness und Cancel Culture, die ausgehend vom akademischen Milieu zu einem sensibleren Gebrauch der Sprache beitragen und kulturelle Aneignung reflektieren sollten. Dabei wurden verstärkt Themen auf die Agenda gesetzt, die oft nur Randgruppen betreffen, wie z.B. das geschlechtliche Selbstbestimmungsrecht. Was an sich eine gute und wichtige Sache ist, nämlich gesellschaftliche Minderheiten zu schützen und deren Benachteiligungen abzubauen, wurde aber zu dominant und überlagerte so wichtige sozialpolititsche Themen. Denn auch hier gilt: nicht an ihren Worten, sondern an ihren Taten werdet ihr sie erkennen. So wurde z.B. jahrelang über das Gendersternchen diskutiert, stattdessen hätte man vielen Frauen in Not helfen können, wenn z.B. genügend Frauenhäuser gebaut worden wären. Dies wäre pragmatische Realpolitik, die zum Schutz vor häuslicher Gewalt beitragen würde. Da aber viele Themenfelder, wie etwa das Migrations- oder das Mietpreisproblem nur schwer zu lösen sind, lenkt die Politik lieber ab, rückt Randthemen in den Mittelpunkt und betreibt eine emotionalisierende Symbolpolitik, anstatt die existierenden Probleme wirklich anzugehen. Dadurch fühlen sich viele Wähler nicht mehr in ihrer Lebenswirklichkeit erkannt und nehmen die Politik als abgehoben wahr. Das führt zu einem Mißtrauen gegenüber der Politik. Diese Vertrauenserosion wird zudem verstärkt durch etliche Affären und Skandale in denen einzelne Politiker verstrickt sind. Man denke nur an den beschämenden Corona-Masken-Beschaffungsdeal des CSU Ex-Justizminister Alfred Sauter, der dafür 1,2 Million Euro Honorar kassierte und juristisch dafür nicht einmal belangt werden konnte oder an Nebenverdienste für zwielichte Lobbyisten, wie im Fall des CDU-Abgeordneten Philipp Amthor.
Dazu kam, dass in den letzten Jahren in Folge eines woken Zeitgeistes ein zu enger Meinungskorridor in den Leitmedien entstand. So verwechseln auch die öffentliche-rechtlichen Sender zu oft ihren gesetzlich vorgeschriebenen Bildungsauftrag mit einem Erziehungsauftrag. Dies wurde und wird jedoch von breiten Teilen der Gesellschaft als Bevormundung, Spracherziehung und Einschränkung der Meinungsfreiheit empfunden. Wer eine konservative Meinung vertritt wird rasch in die Ecke gestellt und als "Ausländerfeind" und "Rassist" bezeichnet, wenn er auf das bestehende Migrationsproblem hinweist. Wer die Militäreuphorie als Lösungsansatz im Ukraine kritisch hinterfragt, gilt als "Putin-Versteher". Diese Ettiketierungen führten dazu, dass mittlerweile viele Menschen davon überzeugt sind, dass sie politisch nicht mehr alles sagen dürfen. Ein Umstand der so nicht stimmt, den aber die AfD geschickt für sich zu nutzen wusste, indem sie den Meinungskorridor gezielt nach rechtsaußen verschob. Was früher unsagbar war, wird jetzt von der AfD provokativ, bewußt und gezielt geäußert. Wie z.B. der unsägliche Satz im Nazijargon von Alice Weidel im Deutschen Bundestag: "....und wenn es Remigration heißt, dann heißt es eben Remigration." Dieser Vertrauensverlust gegenüber Politik und Medien führte dazu, dass sich viele Menschen nicht mehr ausreichend repräsentiert fühlen. In diese Repräsentationslücke stieß neben dem Bündnis Sarah Wagenknecht vorallem die AfD. Das belegen auch die Wählerwanderungen, wie zuletzt bei der Bundestagswahl 2025, bei der die SPD 720.000 Stimmen an die AfD verlor. Somit hat die AfD die Sozialdemokraten als Partei der "Arbeiter und kleinen Leute" abgelöst. Man kann nur hoffen, dass die neue Regierung aus CDU/CSU und SPD aus diesen Fehlern lernt und die schwierigen und komplexen Probleme unseres Landes zu lösen vermag.
Ob die AfD jedoch wieder zurückgedrängt werden kann ist fraglich, da eben ein großer Teil der AfD-Wähler schon lange den Glauben und das Vertrauen in den Staat und die etablierten Parteien verloren hat. Diese Wählerschicht ist mit rationalen Argumenten kaum mehr zu erreichen, da sich in den rechten Progpaganda- und Fake News Blasen der asozialen Medien wie Telegram und X verloren hat. Dies bedeutet aber auch, dass die Wirklichkeit meist nur noch irrational und verzerrt wahrgenommen wird, da Fakten ignoriert werden. Dazu gesellt sich ein difusses Gefühl des Abgehängtseins, obgleich viele AfD-Wähler aus der Mittelschicht kommen und wirtschaftlich gut situiert sind haben sie trotzdem Zukunftsängste bezüglich einer möglichen Inflations- und Kriegsgefahr. Darüber hinaus gibt es natürlich auch AfD-Wähler, die ein sozial- prekäres Leben führen und von staatlicher Alimentierung bzw. vom Bürgergeld leben. Dieses Gefühl des "Abgehängst seins" verstärkt sich zudem noch durch einen Stadt-Land-Konflikt bzw. den ungleichen Lebensbedingungen, die sich zunehmend zwischen den Metropolregionen und den ländlichen Provinzen auftun. Seien es nun eine mangelhafte Verkehrsanbindungen, ärztliche Versorungslücken oder fehlende kulturelle Angebote. Anderseits wird schon seit Beginn der 90er Jahre, mit dem Aufkommen der neoliberalen Wirtschaftsideologie, das gesellschaftlich-soziale Aufstiegsversprechen nicht mehr eingelöst. Der Graben der Ungleichheit wurde in den letzten 30 Jahren immer größer. Wer sich nicht zu den glücklichen Erben zählen kann, kann sich bei den immens gestiegenen Immobilienpreisen den Traum vom eigen Häuschen kaum mehr leisten. Was für die Elterngeneration noch möglich und normal war - wenn man sparte und sich anstrengte - ist für deren Kindern mittlerweile nicht mehr realisierbar.
Früher waren Leistung und Qualität die Voraussetzungen für Erfolg. Es waren zwei Seiten einer Medaille. Dem ist leider schon lange nicht mehr so. Bereits in den 90er Jahren konnte man für kurze Zeit ein TV-Star sein, wenn man den englischen Schriftsteller William Shakespeare für eine Biersorte hielt, so geschehen in der ersten Staffel von "Big Brother" auf RTL. Cleverness - was nichts anderes bedeutet als andere über den Tisch zu ziehen -, berufliche Netzwerke und eine robuste und durchsetzungsfähige Ich-AG Mentalität sind heutzutage die Bausteine um erfolgreich zu sein. Sei es als Werbe-Influencer auf den sozialen Medien oder als Aktien- und Kryptowährungsspekulant im Internet. Die alten Leistungs- und Qualitätmaßstäbe, die auf einem Arbeitsethos beruhten und zugleich auf menschlichen Anstand verwiesen, zählen nicht mehr. Man kann mittlerweile Erfolg haben ohne groß etwas leisten zu müssen. Bestes Beispiel sind die luxuriösen und millionenschweren Gehälter, Boni und Abfindungen von Mangern und Ceo's. So forderte z.B. im Jahr 2011 der Manager Lutz Claasen 16 Millionen Euro dafür, dass er 74 Tage lang Chef beim Energieunternehmen Solar Millennium war. Jahrelange Klagen und Rechtsstreitereien waren die Folge. Dieses nicht einlösen des Aufstiegsversprechens erzeugt bei vielen Menschen einen reaktionären Gefühlsmix aus Wut, Selbstzweifel, Hass, Ohnmacht und Hilflosigkeit. Aber wer sich chancenlos und abgehängt fühlt, ist eben auch leicht verführbar. Von dieser reaktionären Gefühlslage seiner Wähler profitiert die AfD immens.
Daher ist es besonders wichtig, dass die Politik die Vermögensungleichheit durch entsprechender Steuergesetze endlich abbaut und verringert. Mittels Bildung muss jungen Menschen - egal aus welcher sozialen Schicht sie kommen - die Chance eröffnet werden, dass ein gesellschaftlicher und sozialer Aufstieg möglich sein kann. Nur wenn Zukunfstperspektiven verhanden sind können junge Wähler Vertrauen in die Demokratie gewinnen und sie cool und sexy finden. Dazu bedarf es aber auch einer radikalen Reform des deutschen Bildungssystem, inklusive einer verstärkten politischen Bildung. Ebenso muss im Schulunterricht Medienkompetenz ganz oben stehen, damit Quellenkritik gelernt und Fake News erkannt werden können und so ein kompetenter Umgang mit dem Smartphone möglich wird. Diese Investition in die Bildung wäre zugleich eine Investition in die Demokratie. Nur so kann es gelingen, dass die jungen Wähler der AfD nicht mehr auf den Leim gehen und sich nicht mehr von deren bunten TikTok-Videos blenden, verführen und verblöden lassen. Und auch die großspurige Behauptung der AfD, sie sei eine Heimatpartei, muss schleunigst dekonstruiert werden. Der Heimatbegriff der AfD ist zutiefst von einer nationalsozialistischen Blut und Boden Ideologie sowie einem glasklarem Rassismus geprägt.
Wirkliche Heimatliebe ist, der AfD keine Stimme zu geben und für Demokratie und Freiheit einzustehen!